AGO-THEMEN BÜKV
29.9.2025 - Bereichsübergreifenden Kollektivverhandlungen...
An den Vorsitzenden der Landesagentur für Gewerkschaftsbeziehungen der Autonomen Provinz Bozen
Dr. Hermann Troger
Versand per PEC: verhandlungen.contrattazioni@pec.prov.bz.it
Versand per E-mail: hermann.troger@gmail.com
z.K.. An die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes Südtirols
Bereichsübergreifenden Kollektivverhandlungen
Sehr geehrter Herr Präsident Troger,
im Namen der Autonomen Gewerkschaftsorganisation AGO möchten wir Ihnen einige Punkte übermitteln, die bei den kommenden Treffen der Bereichsübergreifenden Kollektivverhandlungen zur Sprache kommen sollten. Wir sind überzeugt, dass diese Vorschläge einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Südtirol leisten können.
Unsere konkreten Vorschläge decken verschiedene Aspekte des Arbeitsverhältnisses ab und zielen darauf ab, sowohl die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Dienstleistung für die Bürger, als auch die Effizienz der Verwaltungen und Führungskräfte spürbar zu verbessern.
Aspekte wie Information, Vergütung, Zusatzleistungen sowie Benefits sind entscheidend für das Wohlbefinden der Beschäftigten und den langfristigen Erfolg der Verwaltungen. Die Entscheidung zwischen einem wettbewerbsfähigen Gehalt und einem Paket von verlockenden Vorteilen kann die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter sehr stark beeinfluessen.
Dieses Dokument wird über unsere Kanäle an alle Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst weitergeleitet, damit sie über die von uns formulierten Forderungen informiert sind, die wir im Rahmen der Bereichsübergreifenden Kollektivverhandlungen zur Diskussion stellen werden.
Gehalt und Inflation
Der kontinuierliche und teils rapide Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen führt unweigerlich zu einer schleichenden Verringerung der Kaufkraft unserer Gehälter. Als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beziehen wir ein vertraglich festgelegtes Gehalt, das jedoch in Zeiten hoher Inflation nur unzureichend an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst wird. In der Folge sehen wir uns entweder gezwungen, höhere Ausgaben zu tragen, auf einen Teil unseres gewohnten Lebensstandards zu verzichten oder sogar auf unsere Ersparnisse zurückzugreifen, um unseren Alltag zu bestreiten. Bis Anfang der 1990er Jahre existierte in Italien ein Anpassungssystem namens „scala mobile“, das eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflation und die Entwicklung der Lebenshaltungskosten ermöglichte. Unsere konkrete Forderung lautet daher, einen fairen und genauen Inflationsindex festzulegen, der die Preisentwicklung in unserer Provinz realistisch widerspiegelt. Darüber hinaus fordern wir, dass klare Zeitpunkte festgelegt werden, zu denen diese Anpassungen vorgenommen werden, sowie präzise Fristen für die Auszahlung dieser Anpassungen.
Grundgehalt oder Mindestlohn
Vorausgeschickt, dass das Grundgehalt eines der Elemente der Vergütung ist, erinnern wir daran, dass Art. 36 der Verfassung vorsieht, dass ... der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vergütung hat, die der Quantität und Qualität seiner Arbeit entspricht und in jedem Fall ausreicht, um ihm und seiner Familie ein freies und würdiges Leben zu sichern ... . Unter Berücksichtigung dieses Aspekts beantragen wir hiermit offiziell eine Erhöhung des Grundgehalts, da die derzeitigen Beträge seit mehr als 15 Jahren nicht erhöht wurden.
Neues Gehaltssystem und die Attraktivität des öffentlichen Dienstes
Als Autonome Gewerkschaft sind wir überzeugt, dass die Einführung eines neuen Gehaltssystems für künftige Mitarbeitende kurzfristig und mittelfristig zu Verwirrung führen und das Arbeitsklima zwischen langjährigen und neuen Mitarbeitenden negativ beeinflussen könnte. Daher sprechen wir uns nicht gegen Veränderungen aus, sind jedoch der Ansicht, dass eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems der bessere Weg ist.
Wir sind offen für eine Verbesserung des aktuellen Systems, insbesondere durch die Schaffung zusätzlicher Aufstiegs-möglichkeiten, die sowohl auf den erzielten Leistungen als auch auf einer langjährigen Berufserfahrung basieren. Das derzeitige System der beruflichen Entwicklung könnte auch im Hinblick auf die neuen Herausforderungen der öffentlichen Verwaltung, der neuen Technologien und der digitalen Transformation verbessert werden.
Zweisprachigkeitsnachweis in Italienisch und Deutsch und Nachweis für Ladinisch
Wir fordern nicht nur eine zweijährliche Anpassung (immer auf der Grundlage der festgestellten Inflation) des als Entschädigung gezahlten Betrags, sondern auch, dass dieser Betrag allen Arbeitnehmern in voller Höhe ausgezahlt wird, ohne den im Arbeitsvertrag festgelegten Prozentsatz zu berücksichtigen. Dieser Aspekt ist in unserer Provinz von entscheidender Bedeutung, da er einerseits den Mitarbeiter/innen diese nachgewiesene Kompetenz (und nicht nur einen prozentualen Anteil davon) vollständig belohnt und andererseits alle Arbeitnehmer/innen dazu anregt, Energie in das Erlernen der beiden Sprachen zu investieren, um diese Kompetenz zu erwerben.
Sommerurlaubsgeld
Aufnahme des Sommerurlaubsgeldes in den Vertrag, gleichwertig mit dem 13. Monatsgehalt. Das 13. Monatsgehalt wurde in Italien vor etwa 88 Jahren, genauer gesagt 1937, als „Weihnachtsgeld” eingeführt und galt für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst, in der Privatwirtschaft und für Rentner. Die Einführung des 14. Monatsgehalts in unseren Kollektivverträgen könnte ein wichtiger Schritt und eine Neuerung sein, um neue Mitarbeiter/innen zu gewinnen und binden. Eine zusätzliche Vergütung zum normalen Jahresgehalt als „Sommerurlaubsgeld” könnte sicherlich neue Mitarbeiter/innen anziehen und halten. Siehe auch unsere Gründe und Beweggründe, die wir in unserem offenen Brief vom 17. Juli 2025 dargelegt haben: https://www.ago-bz.org/de/aktuell/446?b=0
„Auszeit“
Einführung einer „Auszeit“. Wie viele von uns würden gerne eine Auszeit von der Arbeit und der üblichen Routine nehmen und wirklich abschalten? Wir glauben, fast alle. Deshalb fordern wir die Einführung der „Auszeit“ bei der Mitarbeiter/innen auf Antrag bis zu drei Monate unbezahlten Urlaub nehmen können, ohne persönliche Gründe dafür angeben oder entsprechende Unterlagen vorlegen zu müssen.
Neugestaltung der Arbeitszeit und 4-Tage-Woche
Wir fordern eine schrittweise Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 36 Stunden für alle Arbeitnehmer/innen und die Einführung der 4-Tage-Woche bei gleichbleibendem Entgelt. Wir glauben, dass dieser Schritt Vorteile für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, den Abbau von Stress und eine Produktivitätssteigerung mit sich bringen kann. In Italien und dem Rest der Welt gibt es zunehmend Versuche in dieser Richtung, die sehr positive Ergebnisse zeigen.
Anerkennung von Kompetenzen (Soft Skills)
Aufnahme eines Artikels in den Vertrag, der die Einführung eines Pilotprojekts zur formellen Anerkennung der Kompetenzen vorsieht, die Mitarbeitende im Laufe ihres Lebens in verschiedenen Bereichen erworben haben. Dieser Schritt würde nicht nur dazu beitragen, das kulturelle und berufliche Know-how jedes Einzelnen wertzuschätzen, sondern auch die Vielfalt an Fähigkeiten und Erfahrungen zu würdigen, die unsere Beschäftigten in ihre Arbeit einbringen. Die Anerkennung von Kompetenzen am Arbeitsplatz bescheinigt formell die Fähigkeiten und Kenntnisse einer Person, die sie durch Ausbildung oder Erfahrung erworben hat.
Art. 79 BÜKV vom 12.2.2008 – Leistungslohn
Einführung eines Absatzes, der es ermöglicht, eine schriftliche Bewertung der individuellen Zufriedenheit mit der Arbeit des eigenen Vorgesetzten oder direkten Vorgesetzten (Zwischenführungskräfte) abzugeben. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Möglichkeit dazu beitragen würde, ein loyales und vertrauensvolles Verhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitern aufzubauen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.Andreas Unterkircher
AGO-Obmann
335 69 02 375 - Andres.unterkircher@ago-bz.org
Stefano Boragine
AGO -Landessekretär
Tel.: 338 17 42 587 - stefano.boragine@ago-bz.org
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